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Seminar: Wissenschaft und Aktivismus

Seminar: Wissenschaft und Aktivismus

Wessen Wissenschaft? Wessen Körper? Eine Chronik der Klitoris

Samira Amos

Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Klitoris ist auch ein Produkt der sozialen Ordnung. Die Klitoris wurde entdeckt, vergessen, zurückerobert. Sie erzählt eine Geschichte, die die Frage nach dem Verhältnis von Wissenschaft und gesellschaftlichen Machtstrukturen aufwirft – und zeigt, was wir heute daraus lernen können.

Eine Perle, oft bedeckt durch eine Kapuze. Im Inneren: Schenkel, Schwellkörper und ein mächtiges Nervensystem. An einer Kulturveranstaltung staune ich über eine mannsgrosse (oder eher frausgrosse) Statue des weiblichen Geschlechtsorgans. Ein Geschlechtsorgan, das ich bisher für klein gehalten hatte und welches mir vor allem unter dem Namen «Kitzler» bekannt war – die Klitoris. Ich bin verwundert und gehe dem nach. Weder mein Lehrbuch aus dem Gymnasium[1] noch die Biologiebibel aus dem Studium[2] bilden die Klitoris vollständig ab. Und das, obwohl das gesamte Organ im Jahr 1998 identifiziert wurde.[3] Das wirft Fragen auf. Wieso wird die Klitoris in meinen Lehrbüchern nicht abgebildet? Überhaupt, wieso wurde sie erst im Jahr 1998 vollständig identifiziert? Was habe ich versäumt? Was hat die Wissenschaft versäumt? Und vor allem: Was lehrt uns dies über Wissenschaft?

 

Abbildung 1: Die Anatomie der Klitoris. Die Gesamtgrösse ist 9-11cm.[4]

An dieser Stelle möchte ich erwähnen, dass auch die inneren Teile der männlichen Sexualorgane nicht allen bekannt sind. Und natürlich wird auch der Penis nicht in allen Biologiebüchern bis ins kleinste Detail abgebildet. Trotzdem ist es erstaunlich, dass die Klitoris als wichtigstes Organ der weiblichen Sexualität im Biologieunterricht und meinen Büchern keinen Platz findet. Es ist dennoch nicht meine Absicht, eine Unterdrückungsgeschichte der Klitoris zu zeichnen. Vielmehr möchte ich herauszufinden, wieso ich bis heute nichts über die volle Grösse der Klitoris wusste – und welche gesellschaftlichen Gründe es für mein persönliches Nicht-Wissen gibt. Dabei frage ich mich, wie historisch über die Klitoris geforscht wurde. Wer waren die wichtigsten Akteur*innen und inwiefern reichen ihre Stimmen bis in die Gegenwart? Die Geschichte der Klitoris ist eines von vielen Beispielen, die das Zusammenspiel zwischen der Sozialordnung und der Wissenschaft veranschaulichen. Wenn wir hinhören, können wir einiges davon lernen.

„OH AMERIKA, MEIN NEU GEFUNDENES LAND!"

Jede*r kennt ihn: Kolumbus, den europäischen Entdecker eines neuen Kontinents. Sein Namensvetter Renaldus Kolumbus war ebenfalls bedeutsam. Er ist der selbsternannte Entdecker der Klitoris. Der italienische Anatom behauptete in seiner Schrift De re anatomica aus dem Jahr 1559 als Erster, die Klitoris und ihre Funktion in der weiblichen Sexualität beschrieben zu haben.[5] Seine Entdeckung ging nicht gewaltfrei in die Geschichte ein, wie die Anthropologin Nancy Scheper-Hughes in Analogie zur Entdeckung von Amerika schildert: „Die weibliche Klitoris selbst musste in ihrer langen und umkämpften Geschichte raue Gewässer durchqueren, um den vielen feindlichen Piraten und männlichen Kopfgeldjägern auf ihrem Weg zu entkommen. Darunter waren sowohl diejenigen, die sie an sich reißen und zerstören wollten, als auch diejenigen, die sie immer wieder neu entdecken, neu erfinden und entwürdigen wollten (eigene Übersetzung).“[6] Doch wer waren diese feindlichen Piraten und männlichen Kopfgeldjäger und warum hatten sie es auf die Klitoris abgesehen?

Soziale Faktoren haben die Geschichte der Klitoris geprägt. Sie führten dazu, dass die Klitoris seit 1559 immer wieder in Vergessenheit geriet und bis heute nicht Eingang in das allgemeine Bewusstsein gefunden hat. Kolumbus war nicht der Einzige, der sich für die Klitoris interessierte. In der Zeit vor der Aufklärung forschten eine Reihe von Anatomen über sie.[7] Das allgemeine Interesse an der Klitoris im 17. Jahrhundert gründete sich auf dem Glauben, der Orgasmus der Frau sei notwendig für die Fortpflanzung.[8] Obwohl das weibliche Geschlechtsteil als eine weniger perfekte Version des männlichen angesehen wurde, ging man davon aus, dass die Sexualität dieselbe war. Dementsprechend wurde auch die Klitoris in Analogie zum Penis verstanden, was den von aussen sichtbaren Kitzler – im Gegensatz zu den versteckten, inneren Teilen des Organs – in den Fokus rückte.

Rund einhundert Jahre später war von diesem Interesse am weiblichen Geschlechtsorgan nicht mehr viel übrig. Während der Epoche der Aufklärung eigneten sich die Gelehrten darauf, dass die weibliche Sexualität im Gegensatz zur männlichen schwach oder nicht-existent sei. Dies war wichtig, um bestehende Rollenbilder wissenschaftlich zu legitimieren. Zusammen mit der weiblichen Sexualität wurde auch die Klitoris in den Abgrund gedrängt. Man erkannte sie als ein für die Fortpflanzung überflüssiges Organ.[9] Die Klitoris verlor dadurch an Popularität und das früher durch die Anatomen erarbeitete Wissen geriet in Vergessenheit.

Der endgültige Tiefpunkt für die Klitoris kam im Jahr 1905 durch Sigmund Freuds Aufsätze über Sexualität. Es war Freud, der das kulturelle Verständnis von Sexualität weitgehend veränderte.[10] Gemäss seiner Theorie ist Penetration Ausdruck einer erwachsenen, gesunden und reifen Sexualität. Klitorialorgasmen hingegen seien unreif und bedürften psychologischer Hilfe.[11] Die Klitoris wurde tabuisiert, was beispielsweise dazu führte, dass in Abbildungen seit dieser Zeit die Vulva und die Klitoris verschleiert dargestellt wurden. Die Klitoris wurde aktiv aus dem kollektiven Gedächtnis entfernt und frau musste sich dem Beginn einer (weiteren) deprimierenden Epoche für die weibliche Sexualität hingeben.[12]

EINE PARABEL DER SOZIALEN ORDNUNG

Kolumbus „Entdeckung“ der Klitoris stiess im 17. Jahrhundert also auf breites anatomisches Interesse. Seit der Aufklärung versuchten westliche Genitalforscher hingegen, die Klitoris zu begraben, was in Freuds Herabsetzung des klitoralen Orgasmus gipfelte. Dies zeigt den Einfluss der Sozialordnung auf das gesellschaftliche und wissenschaftliche Verständnis des weiblichen Geschlechts auf. Die Geschichte der Klitoris ist eine Parabel der sozialen Ordnung: Was die Klitoris ausmacht, wie sie genannt wird, und ob es überhaupt normal ist, eine Klitoris zu haben, waren umstrittene Fragen, deren Antworten sich im Laufe der Zeit immer wieder änderten.[13] Gleichzeitig bestimmte die Sozialordnung, wer diese Fragen überhaupt stellen und wer Anspruch auf deren Antworten erheben konnte. Es ist augenfällig, dass dies im Falle der Klitoris vor allem westliche Herren waren. So paradox es klingen mag: Die verzerrte Darstellung der Klitoris in meinen Biologiebüchern ist ein Überbleibsel der Epoche der Aufklärung. Die Klitoris – und somit die weibliche Sexualität – wird sowohl in Bild als auch Sprache (durch die Bezeichnung „Kitzler“) weiterhin versteckt.[14]

Diese Verflechtung zwischen Wissen und Sozialordnung wurde in den 1980er Jahren von der Feministin Donna Haraway konzeptualisiert.[15] Haraway war keine Gegnerin der Wissenschaft, forderte allerdings ein neues Objektivitätsverständnis. Dabei ist situiertes Wissen zentral. Situiertes Wissen bedeutet laut Haraway, dass Wissen stets innerhalb eines gesellschaftlichen Kontexts produziert und verstanden wird. In diesem Sinne ist die Objektivität und der Wahrheitsanspruch der Wissenschaft begrenzt. Die Philosophin Sandra Harding geht einen Schritt weiter und bezeichnet Wissenschaft als „Politik durch andere Mittel“.[16] So hatte die Aussage der Gelehrten, Frauen hätten eine schwache Sexualität, weitreichende gesellschaftliche Folgen. Zum Beispiel führte sie zur Annahme, dass Frauen im Gegensatz zu Männern nicht einem natürlichen Sexualtrieb ausgeliefert sind. Somit müssen Frauen gemäss der katholischen Morallehre ihren Körper verhüllen, um Männer nicht zu verführen.[17] Damit lastete die Verantwortung für die Verhinderung von sexuellen Begierden und Übergriffen auf den Frauen (was sich bis heute in der sogenannten asking for it Narrativ widerspiegelt). Wissenschaft beeinflusst das öffentliche Leben – was die Frage aufwirft, wer Wissenschaft gestaltet und gestalten soll.

DIE FRAUENBEWEGUNG DER 80ER JAHRE: DIE RÜCKEROBERUNG DER KLITORIS

Die Unterdrückung der Klitoris seit der Epoche der Aufklärung muss man im Spannungsfeld von Wahrheit und Macht denken.[18] Die Frage, wer in welcher Weise Wissen schafft, ist untrennbar mit den Machtverhältnissen in einer Gesellschaft verbunden. Die feministische Gegenbewegung der 1980er Jahre sagte diesen festgefahrenen Machtverhältnissen den Kampf an. Angefochten wurden Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern, die auch in den Wissenschaftsinstitutionen internalisiert und reproduziert wurden. Anfangs des 20. Jahrhunderts dominierten vorwiegend westliche Männer die Wissenschaft.[19] Die feministische Bewegung schlug eine weniger reduktionistische Wissenschaft vor, in der die Deutungshoheit darüber, was als „wahr” gilt, weniger einseitig verteilt ist. Besonders wichtig war eine Bewegung im Gesundheitsbereich: In Amerika und Europa schlossen sich Frauen in einer Euphorie der Selbstentdeckung zusammen. Die Maxime: Ich bin mein Körper, und das Wissen darüber ist nicht den patriarchalen Institutionen vorbehalten.[20]

Die Bewegung kritisierte unter anderem die mangelhafte Aufklärung über die Nebeneffekte der Anti-Baby-Pille, die vielerorts strengen Abtreibungsgesetze und die fehlende Auseinandersetzung mit spezifischen Gesundheitsproblem der Frau.[21] Beispielsweise wurde festgestellt, dass doppelt so viele Untersuchungen über Kindererziehung und die Gebärfähigkeit von Frauen durchgeführt wurden, wie über spezifisch weibliche Gesundheitsprobleme oder die weibliche Sexualität. Diese Lücke wollte gefüllt werden. Initiativen entstanden weltweit, trotz anfänglicher Empörung seitens breiter Teile der bürgerlichen Gesellschaft. Vereine wie das in der USA gegründete Feminist Women’s Health Center, das sich selbst als Frauenrechts- und Selbsterfahrungsgruppe verstand, bildeten ein sich stetig vergrösserndes Netzwerk.[22]

Als Teil dieses Netzwerks wurde 1974 in Berlin das Feministische Frauengesundheitszentrum (FFGZ) gegründet.[23] Initiiert von sechs Frauen aus dem Gesundheitsbereich, wuchs das FFGZ zu einer bunten und weit verbreiteten Gruppierung an. Eigene Selbstuntersuchungs-, Beratungs- und Abtreibungszentren entstanden landesweit. Die leitenden Frauen waren selten Akademikerinnen, sondern Pädagoginnen, Hebammen und Gesundheitsfachfrauen. Trotz geringer Assoziation mit den akademischen Institutionen schufen sie neues Wissen. Innerhalb der Zentren erarbeiteten sich die die Frauen ein enormes kollektives Wissen, welches in Büchern und einer periodischen Zeitschrift zur Selbsthilfe namens clio veröffentlicht wurde.[24] Damit attackierten die Feministinnen das herrschende patriarchale Wissen über weibliche Gesundheit und Sexualität. Erst dies machte es möglich, dass Frauen als „selbstbewusste Verbraucherinnen der medizinischen Versorgung“ auftreten und sich als eigenständige sexuelle Wesen begreifen konnten. [25]

Einflussreiche Berichte, welche die Frauenbewegung informierten und legitimierten, waren die Studien des Gynäkologen William Masters und der Wissenschaftlerin Virginia Johnson[26] sowie der feministischen Sexualwissenschaftlerin Shere Hite.[27] Die erstgenannte revolutionäre Untersuchung im Jahr 1966 entthronte Freud in seinem Deutungsanspruch auf die Klitoris. Als erste sexologische Studie bewies sie, dass die Klitoris in der durchaus existenten weiblichen Sexualität eine zentrale Rolle spielt.[28] Hite bestätigte dies in ihrer Arbeit. Ihre Methodik: Sie fragte bei den Frauen nach. Somit bezog sie die Menschen mit ein, um die es in der Debatte um die weibliche Sexualität ging. Bisher wurden die meisten Untersuchungen von Männern durchgeführt, basierend auf medizinischen Fachbüchern, die ebenfalls von Männern stammten. Dadurch wurden jahrzehntelang Vorurteile weitergeführt, Irrglauben nicht angezweifelt und den Frauen ihre Sexualität vorgeschrieben.

Als die Frauenbewegung um ihren Einzug in die Wissenschaft kämpfte, wurde die Klitoris aus der Tiefe des Vergessens gerettet. Die Bewegung verschaffte den wissenschaftlichen Studien zur weiblichen Sexualität Gehör und ergänzte sie um eigene Erkenntnisse. Die Frauen des FFGZs haben durch Selbstuntersuchung und eingehenden Analysen dazu beigetragen, die Klitoris neu zu definieren. Sie haben zur klitoralen Beschreibung von Masters und Johnson die inneren, nicht sichtbaren Teile hinzugefügt und als orgasmische Plattform bezeichnet. Ausserdem fertigten sie die ersten anatomischen Querschnittsskizzen der Klitoris an und veröffentlichten sie in ihrem Buch Frauenkörper neu gesehen.[29] Ihre Skizzen zeigten die Klitoris als grosses Organ, das im Gegensatz zu den bisherigen Darstellungen der Klitoris als kleines Knötchen stand. Somit veränderten die Frauen des FFGZ das vorherrschende Bild, das Frauen über ihren eigenen Körper hatten. Indem sie den Schleier des Unwissens über ihre eigene Sexualität lüfteten, machten die Frauen ihrerseits mit Wissen Politik.

Abbildung 2: Die ersten anatomischen Querschnittsskizzen der Klitoris erschienen im Buch Frauenkörper neu gesehen.

UND JETZT?

Die feministischen Errungenschaften der 80er Jahre waren wegweisend. Es brauchte die Frauen des FFGZs, die aktiv in die Wissenschaft mitmischten, um das Stigma um die weibliche Sexualität zu brechen. Wissen kann Machtstrukturen reproduzieren, aber auch unterlaufen. Dies bettet sich in den Theorien von Haraway und Harding ein: Solange Menschen Wissenschaft betreiben, kann Wissenschaft nicht nicht politisch sein. Das Beispiel der Klitoris macht die Notwendigkeit einer diversen und inklusiven Wissenschaft deutlich, die Verantwortung für ihre gesellschaftliche Einbettung übernimmt und damit für ihre Ursprünge, Werte und Folgen. Dafür haben die Frauen der 1980er Jahren den ersten Grundstein gelegt. Doch wie weit sind wir heute?

Wenn ich an mein Erstaunen zurückdenke, das ich beim Anblick der Statue des weiblichen Geschlechtsorgans verspürt habe, haben wir noch einige Schritte zu gehen. Biologiebücher enthalten zwar detaillierte Darstellungen von Gebärmüttern und Eierstöcken, doch die Klitoris wird weiterhin nicht vollständig abgebildet. Die weibliche Sexualität hat bis heute  kollektive Bewusstsein gefunden. Dies mag diverse Gründe haben. Dennoch wage ich zu behaupten, dass unsere Wissenschaftsinstitutionen weiterhin Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern internalisieren und reproduzieren. Beispielsweise gibt es nach wie vor bedeutende Wissenslücken zu spezifischen Gesundheitsproblemen von Frauen. Frauen sterben relativ zu Männern deutlich häufiger an Herzinfarkten, da frauenspezifische Symptome kaum erkannt, respektive als „atypisch“ angesehen werden.[30] Frauenspezifische Themen werden somit bis heute schlichtweg weniger oft auf die Agenda gesetzt.

Wer sich selbst Wissenschaftler*in nennen darf, ist eng mit gesellschaftlichen Strukturen und Zugang zu Ressourcen verbunden.[31] Die meisten Wissenschaftler*innen sind Männer (beispielsweise ist nur eine von vier Doktorierenden an der ETH Zürich eine Frau).[32] Dies schränkt die Diversität innerhalb der akademischen Einrichtungen ein, und mit ihr die Themen, die in ihnen als relevant angesehen werden. Obwohl sich die Methodik der Wissenschaft seit der Aufklärung geändert hat, um mehr Transparenz und Objektivität zu schaffen, ist es utopisch, von einer ideologiefreien und unabhängigen Wissenschaft zu sprechen. Die Themen, die an Universitäten gelehrt werden, die Blickwinkel, aus denen Sachverhalte betrachtet werden, und die Personen, die darüber schreiben, repräsentieren und reproduzieren weiterhin die jeweils vorherrschenden Weltanschauungen.

Wir müssen Wissenschaft neu denken. Es braucht einen Dialog zwischen Natur- und Geisteswissenschaften, um situiertes Wissen klar zu benennen. Situiertes Wissen anzuerkennen bedeutet, dass die Wissenschaft bunter werden muss bezogen auf die Verteilung der Geschlechter sowie auf sexuelle Orientierung, Nationalität, Bildungsherkunft et cetera. Sie muss auch inklusiver werden, und Perspektiven sowie Tendenzen ausserhalb der akademischen Blase berücksichtigen. Schliesslich muss die Wissenschaft in einen reflektierten Dialog mit der Gesellschaft und der Politik treten. Wir müssen sicherstellen, dass Themen auf die Agenda gesetzt werden, die nicht nur für die dominante Subgruppe unserer Gesellschaft relevant sind – und aus der Masse von partiellen Wahrheiten ein nachhaltiges Verständnis dieser Welt gewinnen.

Und was habe ich versäumt? Bemerkenswert an der Chronik der Klitoris ist, dass das Wissen über die Klitoris mit der jeweiligen sozio-politischen Stimmung kam und ging. Dieses Muster beweist, dass einst etabliertes Wissen niemals gesichert ist. Wissen muss nicht nur geschaffen, sondern auch erhalten werden. Daraus ergibt sich ein Plädoyer an mich selbst: Es reicht nicht, zurückzulehnen und darauf zu warten, dass die gegenwärtigen Gelehrten aus der Biologie, Anatomie oder Psychologie mich adäquat belehren. Wir müssen selbst über die Bücher und stets aufs Neue wichtige Themen diskutieren. Daher dieser Text: Lasst uns über die Klitoris reden.

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Angepasst von: „Clitoris Anatomy Unlabeled”, in: Wikimedia commons, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Clitoris_anatomy_unlabeled.svg (29. May 2021).

Abbildung 2: Laura Méritt: Frauenkörper neu gesehen. Ein illustriertes Handbuch, Berlin: Orlanda Frauenverlag GmbH (2013).

Literaturverzeichnis

[1] Horst Bickel, Gert Haala, Roman Claus, Roland Frank, Jürgen Schweizer, Günther Wichert, Doris Bächle-Knauer, Irmtraud Beyer, Sabine Hild und Matthias Balonier: Natura: Grundlagen der Biologie für Schweizer Maturitätsschulen, Zug: Klett und Balmer Verlag (2007).

[2] Neil A. Campbell, Lisa A Urry, Michael L. Cain, Steven A. Wasserman, Peter V. Minorsky und Jane B. Reece: Biology: A Global Approach, New York: Pearson (2018).

[3] Helen O’Connell, John Hutson, Colin Anderson und Robert Plenter: “Anatomical Relationship between Urethra and Clitoris”, in: The Journal of Urology 159/6 (1998), S. 1892-1897.

[4] Rachel N. Pauls: “Anatomy of the Clitoris and the Female Sexual Response”, in: Clinical Anatomy 28/3 (2015), S. 376-384.

[5] Mark D. Stringer und Ines Becker: «Colombo and the Clitoris”, in: European Journal of Obstetrics & Gynecology and Reproductive Biology 151/2 (2010), S. 130-133.

[6] Nancy Scheper-Hughes: “Virgin Territory: The Male Discovery of the Clitoris”, in: Medical Anthropology Quarterly 5/1 (1991), S. 25-28, hier: S.26.

[7] Helen O’Connell, Kalavampara V. Sanjeevan und John Hutson: “Anatomy of the Clitoris”, in: The Journal of Urology, 174/4 (2005), S. 1189-1195.

[8] Thomas W. Laqueur: Making Sex: Body and Gender from the Greeks to Freud, Cambridge: Harvard University Press (1992).

[9] Martin Hatzinger, H. Berberich, Friedrich Moll und D. Schultheiss: „Höhepunkte aus der Geschichte der Onanie“, in: Der Urologe 51/12 (2012), S. 1741-1745.

[10] Liv Strömquist: Der Ursprung der Welt, Berlin: Avant-Verlag (2017).

[11] Sigmund Freud: “Three Essays on the Theory of Sexuality” [1905], in: The Standard Edition of the Complete Psychological Works of Sigmund Freud, Volume VII (1901-1905): A Case of Hysteria, three Essays on Sexuality and other Works, London: Hogarth Press (1953), S. 123-246.

[12] Helen O’Connell, Kalavampara V. Sanjeevan und John Hutson: “Anatomy of the Clitoris”, in: The Journal of Urology, 174/4 (2005), S. 1189-1195.

[13] Helen O’Connell, Kalavampara V. Sanjeevan und John Hutson: “Anatomy of the Clitoris”, in: The Journal of urology, 174/4 (2005), S. 1189-1195.

[14] Mithu M. Sanyal: Vulva. Die Enthüllung des unsichtbaren Geschlechts. Berlin: Klaus Wagenbach Wissenschaftsverlag (2009).

[15] Donna Haraway: “Situated Knowledges: The Science Question in Feminism and the Privilege of Partial Perspective”, in: Feminist studies14/3 (1988), S. 575-599.

[16] Sandra Harding: Whose science? Whose knowledge?: Thinking from Women’s Lives, New York: Cornell University Press (1991), S.10.

[17] Barbara Miller: #Female Pleasure, Schweiz (2018).

[18] Vgl. Michel Foucault: „Die politische Funktion des Intellektuellen“ [1976], in: Daniel Defer, François Ewald (Hg.): Michel Foucault: Schriften in vier Bänden Bd. III 1976–1979, Frankfurt am Main: Suhrkamp (2003).

[19] Londa Schiebinger: “Has Feminism Changed Science?”, in: Journal of Women in Culture and Society, 25/4 (2000), S. 1171-1175.

[20] Laura Méritt: Frauenkörper neu gesehen. Ein illustriertes Handbuch, Berlin: Orlanda Frauenverlag GmbH (2013).

[21] Londa Schiebinger, “Has feminism Changed Science?”, in: Journal of Women in Culture and Society, 25/4 (2000), S. 1171-1175.

[22] „Über uns: Geschichte“, in: Feministisches Frauengesundheitszentrum Stuttgart, https://www.ffgzstuttgart.de/wir/geschichte/ (2020).

[23] „Unser Leitbild“, in: Feministisches Frauengesundheitszentrum, https://www.ffgz.de/ueber-uns/leitbild/ (2020).

[24] „Clio – Die Zeitschrift für Frauengesundheit – seit 45 Jahren“, in: Feministisches Frauengesundheitszentrum, https://www.ffgz.de/bestellen/clio-zeitschrift.html (2021).

[25] Laura Méritt: Frauenkörper neu gesehen. Ein illustriertes Handbuch, Berlin: Orlanda Frauenverlag GmbH (2013), S.16.

[26] William H. Masters und Virginia E. Johnson: Human Sexual Response, Boston: Little Brown (1966).

[27] Shere Hite: The Hite Report: A Nationwide Study of Female Sexuality, New York: Seven Stories Press (1976).

[28] Thomas W. Laqueur: Making Sex: Body and Gender from the Greeks to Freud, Cambridge: Harvard University Press (1992).

[29] Laura Méritt: Frauenkörper neu gesehen. Ein illustriertes Handbuch, Berlin: Orlanda Frauenverlag GmbH (2013).

[30] Judith Anderson und Cathy R. Kessenich: „Women and Coronary Heart Disease”, in: The Nurse Practitioner 26/8 (2001), S. 12–33.

[31] Vgl. Nuria Tinnermann: „Unis reproduzieren ein weisses System“, in: Zürcher Studierendenzeitung (20. September 2020).

[32]„Zahlen und Fakten: Studierende“, in: Eidgenössische Technische Hochschule Zürich, https://ethz.ch/services/de/finanzen-und-controlling/zahlen-und-fakten/studierende.html (2020).

 

Seminar

Dieser Text entstand im Seminar „Wissenschaft und Aktivismus“, Herbstsemester 2020, ETH Zürich.

Redaktionell betreut von

Nils Güttler und Zohra Briki

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Angepasst von: „Clitoris Anatomy Unlabeled”, in: Wikimedia commons, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Clitoris_anatomy_unlabeled.svg (29. May 2021).

Abbildung 2: Laura Méritt: Frauenkörper neu gesehen. Ein illustriertes Handbuch, Berlin: Orlanda Frauenverlag GmbH (2013).

Literaturverzeichnis

[1] Horst Bickel, Gert Haala, Roman Claus, Roland Frank, Jürgen Schweizer, Günther Wichert, Doris Bächle-Knauer, Irmtraud Beyer, Sabine Hild und Matthias Balonier: Natura: Grundlagen der Biologie für Schweizer Maturitätsschulen, Zug: Klett und Balmer Verlag (2007).

[2] Neil A. Campbell, Lisa A Urry, Michael L. Cain, Steven A. Wasserman, Peter V. Minorsky und Jane B. Reece: Biology: A Global Approach, New York: Pearson (2018).

[3] Helen O’Connell, John Hutson, Colin Anderson und Robert Plenter: “Anatomical Relationship between Urethra and Clitoris”, in: The Journal of Urology 159/6 (1998), S. 1892-1897.

[4] Rachel N. Pauls: “Anatomy of the Clitoris and the Female Sexual Response”, in: Clinical Anatomy 28/3 (2015), S. 376-384.

[5] Mark D. Stringer und Ines Becker: «Colombo and the Clitoris”, in: European Journal of Obstetrics & Gynecology and Reproductive Biology 151/2 (2010), S. 130-133.

[6] Nancy Scheper-Hughes: “Virgin Territory: The Male Discovery of the Clitoris”, in: Medical Anthropology Quarterly 5/1 (1991), S. 25-28, hier: S.26.

[7] Helen O’Connell, Kalavampara V. Sanjeevan und John Hutson: “Anatomy of the Clitoris”, in: The Journal of Urology, 174/4 (2005), S. 1189-1195.

[8] Thomas W. Laqueur: Making Sex: Body and Gender from the Greeks to Freud, Cambridge: Harvard University Press (1992).

[9] Martin Hatzinger, H. Berberich, Friedrich Moll und D. Schultheiss: „Höhepunkte aus der Geschichte der Onanie“, in: Der Urologe 51/12 (2012), S. 1741-1745.

[10] Liv Strömquist: Der Ursprung der Welt, Berlin: Avant-Verlag (2017).

[11] Sigmund Freud: “Three Essays on the Theory of Sexuality” [1905], in: The Standard Edition of the Complete Psychological Works of Sigmund Freud, Volume VII (1901-1905): A Case of Hysteria, three Essays on Sexuality and other Works, London: Hogarth Press (1953), S. 123-246.

[12] Helen O’Connell, Kalavampara V. Sanjeevan und John Hutson: “Anatomy of the Clitoris”, in: The Journal of Urology, 174/4 (2005), S. 1189-1195.

[13] Helen O’Connell, Kalavampara V. Sanjeevan und John Hutson: “Anatomy of the Clitoris”, in: The Journal of urology, 174/4 (2005), S. 1189-1195.

[14] Mithu M. Sanyal: Vulva. Die Enthüllung des unsichtbaren Geschlechts. Berlin: Klaus Wagenbach Wissenschaftsverlag (2009).

[15] Donna Haraway: “Situated Knowledges: The Science Question in Feminism and the Privilege of Partial Perspective”, in: Feminist studies14/3 (1988), S. 575-599.

[16] Sandra Harding: Whose science? Whose knowledge?: Thinking from Women’s Lives, New York: Cornell University Press (1991), S.10.

[17] Barbara Miller: #Female Pleasure, Schweiz (2018).

[18] Vgl. Michel Foucault: „Die politische Funktion des Intellektuellen“ [1976], in: Daniel Defer, François Ewald (Hg.): Michel Foucault: Schriften in vier Bänden Bd. III 1976–1979, Frankfurt am Main: Suhrkamp (2003).

[19] Londa Schiebinger: “Has Feminism Changed Science?”, in: Journal of Women in Culture and Society, 25/4 (2000), S. 1171-1175.

[20] Laura Méritt: Frauenkörper neu gesehen. Ein illustriertes Handbuch, Berlin: Orlanda Frauenverlag GmbH (2013).

[21] Londa Schiebinger, “Has feminism Changed Science?”, in: Journal of Women in Culture and Society, 25/4 (2000), S. 1171-1175.

[22] „Über uns: Geschichte“, in: Feministisches Frauengesundheitszentrum Stuttgart, https://www.ffgzstuttgart.de/wir/geschichte/ (2020).

[23] „Unser Leitbild“, in: Feministisches Frauengesundheitszentrum, https://www.ffgz.de/ueber-uns/leitbild/ (2020).

[24] „Clio – Die Zeitschrift für Frauengesundheit – seit 45 Jahren“, in: Feministisches Frauengesundheitszentrum, https://www.ffgz.de/bestellen/clio-zeitschrift.html (2021).

[25] Laura Méritt: Frauenkörper neu gesehen. Ein illustriertes Handbuch, Berlin: Orlanda Frauenverlag GmbH (2013), S.16.

[26] William H. Masters und Virginia E. Johnson: Human Sexual Response, Boston: Little Brown (1966).

[27] Shere Hite: The Hite Report: A Nationwide Study of Female Sexuality, New York: Seven Stories Press (1976).

[28] Thomas W. Laqueur: Making Sex: Body and Gender from the Greeks to Freud, Cambridge: Harvard University Press (1992).

[29] Laura Méritt: Frauenkörper neu gesehen. Ein illustriertes Handbuch, Berlin: Orlanda Frauenverlag GmbH (2013).

[30] Judith Anderson und Cathy R. Kessenich: „Women and Coronary Heart Disease”, in: The Nurse Practitioner 26/8 (2001), S. 12–33.

[31] Vgl. Nuria Tinnermann: „Unis reproduzieren ein weisses System“, in: Zürcher Studierendenzeitung (20. September 2020).

[32]„Zahlen und Fakten: Studierende“, in: Eidgenössische Technische Hochschule Zürich, https://ethz.ch/services/de/finanzen-und-controlling/zahlen-und-fakten/studierende.html (2020).